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Das Pfarrhaus zu Parum nahe Güstrow nimmt unter den mecklenburgischen Pfarrhäusern eine Sonderstellung ein. Das gesamte Erscheinungsbild des Hauses, seine für ein Pfarrhaus ungewöhnliche Größe, seine Einordnung in die Hof- und Parkanlage sowie deren funktionale Gestaltung lassen unschwer die Vorbildwirkung spätklassizistischer Gutshäuser erkennen.

Das Haus, zwischen 1839 und 1841 auf den Grundmauern des abgebrannten Vorgängerbaus nach Plänen des Landbaumeisters Carl Severin errichtet, orientierte sich insbesondere an dem 1796/97 für König Friedrich Wilhelm III. von Preußen erbauten Schloß Paretz in der Nähe von Potsdam. Das Pfarrhaus war ursprünglich auf Fernwirkung angelegt – der Park hatte einen lichteren Baumbestand und zahlreiche Sichtachsen und reichte bis zur Abtäufung des Parumer Sees im Jahre 1910 direkt bis an dessen Ufer.

Das ursprüngliche, hinter einer Attika nicht einsehbare, flach geneigte Dach war als sogenanntes Dornsches Kaltdach, eine in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Mode gekommene, aber bautechnisch unausgereifte mehrschichtige Dachdeckung aus Teer, Sand und Biberschwanzziegeln, konzipiert, zeigte jedoch schon bald nach Fertigstellung des Gebäudes erhebliche Schäden. Die Kirchgemeinde, die bereits mit dem Neubau wenige Jahre zuvor bis an die Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit gegangen war, ließ das vorhandene Dach nicht abreißen, sondern im Jahre 1859 darüber ein zusätzliches Walmdach errichten. Die Belastung der Außenmauern mit zwei übereinanderliegenden Dächern und die parallele Existenz zweier aus statischer Sicht jeweils unvollständiger Dachstühle führten ihrerseits bald nach Errichtung des Walmdaches zu gravierenden Schäden, so daß das Haus schon Ende des 19. Jahrhunderts mit Ankern und Spannseilen gesichert werden mußte und in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts teilweise baupolizeilich gesperrt wurde. Der absehbar hohe Sanierungsaufwand führte dazu, daß ins Auge gefaßte Instandsetzungsmaßnahmen sowohl vor als auch nach 1990 schnell wieder verworfen wurden. Das zeitweise von bis zu 50 Personen bewohnte Haus leerte sich Schritt für Schritt, nach dem Auszug der Pastorenfamilie im Jahre 2000 war neben den Gemeinderäumen nur noch eine ältere Dame im Hause verblieben.

Offene Häuser ist seit 2003 in Parum tätig und knüpfte damit an das Engagement der Kirchgemeinde an, die die Dorfkirche, die in ihrem Inneren wertvolle mittelalterliche Wandmalereien birgt, in den achtziger Jahren mit Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Helfer unter schwierigen Bedingungen vor dem Verfall gerettet und vorbildlich instand gesetzt hatte.

Offene Häuser hat seither am Pfarrhaus Leistungen mit einem Umfang von mehr als 390.000 € erbracht. Vordringliche Aufgabe war die handwerkliche Instandsetzung der Dachkonstruktion einschließlich der darunterliegenden Mauerwerksbereiche, da sich die Außenmauern aufgrund der punktuell wirkenden Lasten um bis zu 48 Zentimeter auseinanderbewegt hatten. Dabei wurden weitgehend historische Holzverbindungen verwendet und die vorhandenen Teile der alten Dachstühle erhalten. Durch konsequent handwerkliches Vorgehen konnte auf das Einbringen von Stahlträgern und Stahlankern verzichtet werden und im Dachgeschoß ein Innenraumerlebnis geschaffen werden, dem man die ehemals gravierenden Schädigungen nicht ansieht. Die beiden Sichtseiten – die nordwestliche Haupteingangsseite und die als Landmarke von weitem sichtbare Nordostseite – wurden mit geborgenen Biberschwanzziegeln gedeckt, die beiden anderen, aufgrund der Geländeverhältnisse nur vom Grundstück selbst einsehbaren Seiten mit einer Photovoltaikanlage versehen. Dieser Entscheidung gingen grundsätzliche Überlegungen voraus, in die ökologische, ökonomische und denkmalpflegerische Erwägungen einflossen. Mittelfristig sollen die aufgrund der rechteckigen Modulstruktur entstandenen Restflächen des Daches mit Leermodulen ergänzt werden, so daß die trapezförmigen bzw. dreieckigen Dachflächen jeweils vollflächig mit Modulen belegt sein werden.

Für die nächsten Jahre sind die Instandsetzung der Außenfassade einschließlich der Wiederherstellung der originalen Farbigkeit, der schrittweise Innenausbau des Gebäudes sowie die Gestaltung des Parks auf der Grundlage historischer Vorlagen geplant.

Ansicht von Nordosten vor Beginn der Instandsetzung

Schloß Paretz, das als Anregung für das Pfarrhaus zu Parum diente

Hauptfassade von Westen (2009)

Gartenfassade vor Beginn der Instandsetzung

Pfarrgarten

Diele im Obergeschoß vor der Instandsetzung

Detail

Deckenkonstruktion und Dachstuhl während der Instandsetzung

Details des instandgesetzten Dachstuhls

Photovoltaikanlage auf dem Südostdach

Ansicht von Osten - Kombination von Dackdeckung aus geborgenen Biberschwanziegeln und Photovoltaikanlage

Blick vom Haus über den Pfarrpark mit Mammutbaum zum Parumer See

Parumer See

Dorfkirche von Süden

Dorfkirche - Innenraum nach Osten

Dorfkirche - Barocke Wandmalereien mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts

Dorfkirche - Innenraum nach Südwesten
 







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